Radialkarkassen bei Fahrradreifen: Revolution oder Nischentechnologie? Unser Test mit dem Schwalbe Shredda

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© Schwalbe

Neue Technologien im Reifenbau sind eher selten, doch wenn sie kommen, können sie das Fahrerlebnis entscheidend beeinflussen. Eine dieser Entwicklungen ist die Radialkarkasse – eine Bauweise, die bisher fast ausschließlich im Automobilbereich zu finden war, aber nun auch im MTB-Segment Einzug hält.

Wir wollten wissen: Bringt diese Bauweise auf dem Trail wirklich spürbare Vorteile? Und wie schlägt sich der Schwalbe Shredda unter realen Bedingungen?

Unser Test: ein kraftvolles E-Enduro, anspruchsvolle Trails – und die Shredda-Kombination als Praxisbeispiel.

 

Was unterscheidet die Radialkarkasse des Schwalbe Shredda von klassischen Reifen?

Bei traditionellen Fahrradreifen verlaufen die Karkassenfäden in einem schrägen Winkel zur Laufrichtung. Das sorgt für eine stabile, aber relativ steife Struktur. Die Radialkarkasse geht einen anderen Weg: Ihre Fäden sind nahezu quer zur Fahrtrichtung angeordnet, was den Reifen flexibler macht und hilft, sich dem Untergrund besser anzupassen.

In der Praxis führt diese Konstruktion dazu, dass sich der Reifen unter Belastung punktueller verformt und Unebenheiten feiner ausgleicht. Gleichzeitig entsteht eine größere Auflagefläche, die für mehr Traktion sorgt – selbst bei leicht erhöhtem Luftdruck. Das ermöglicht es, den Luftdruck stärker an den eigenen Fahrstil oder die Streckenbedingungen anzupassen, ohne spürbare Nachteile beim Komfort oder der Dämpfung hinnehmen zu müssen.

Schalbe Radial verformung Heatmap

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Besonders E-MTB-Fahrer:innen profitieren von diesem Aufbau, da der Reifen auch unter hoher Last zuverlässig am Untergrund „klebt“ und gleichzeitig Schläge effektiver absorbiert.

 

Der Schwalbe Shredda – ein High-Performance-Reifen mit Radialbauweise

Mit dem Shredda Front und Rear bringt Schwalbe einen Reifen auf den Markt, der die Vorteile der Radialkarkasse gezielt für den Einsatz an kraftvollen E-All Mountains und E-Enduros nutzbar macht. Beide Versionen wurden klar auf technische Trails, grobe Untergründe und die hohen Belastungen moderner E-MTBs ausgelegt.

 

Technische Details im Überblick

Shredda Front

  • Größe: 29 x 2.50"
  • Gewicht: 1.450 g
  • Profiltiefe: bis zu 10 mm an den Schultern
  • Compound: ADDIX Ultra Soft

Shredda Rear

  • Größe: 27.5 x 2.50"
  • Gewicht: 1.410 g
  • Profiltiefe: flacher als vorn, mit verstärkten Stollenbrücken
  • Compound: ADDIX Ultra Soft

Beide Reifen sind für E-Bikes bis 50 km/h freigegeben – ein klares Signal, dass sie speziell für hohe Geschwindigkeiten und starke Antriebe konzipiert wurden.

 

Praxistest: Radialkarkasse auf dem Trail bei trockenen Bedingungen

Das Testbike war ein E-Enduro mit 160 mm Federweg, die Reifen wurden mit 2.0 bar Luftdruck gefahren, was tendenziell etwas zu hoch war. Die Strecke: technisch anspruchsvolle, trockene Trails mit vielen Querwurzeln und losen, staubigen Böden.

Obwohl die Bedingungen für den Shredda fast schon zu trocken und der Untergrund zu hart waren, beeindruckte der Reifen mit außergewöhnlich hohem Grip  ein Vorteil der Radialkarkassen-Konstruktion und der vergrößerten Auflagefläche. Seine eigentliche Stärke auf weichem, nachgiebigem Boden konnte er unter diesen Bedingungen jedoch noch nicht ausspielen.

 

Downhill-Performance & Kurvenverhalten

Der Shredda Front verlangt eine klare Lenkbewegung, um in die Kurve zu gehen, bietet dann aber ein äußerst präzises und kontrolliertes Fahrgefühl – als würde er sich regelrecht im Boden verankern.

Besonders bei schnellen Abfahrten und wurzelreichen Passagen überzeugt die Radialkarkasse durch ein ruhiges, sattes Fahrverhalten. Das Bike bleibt spürbar stabil, Vibrationen werden effektiv gedämpft.

Dämpfung & Komfort

Die spezielle Karkassenkonstruktion trägt merklich zur Filterung kleiner Schläge bei. Gerade auf langen Abfahrten macht sich das bemerkbar: Die Belastung für Hände und Unterarme sinkt spürbar, das Bike liegt ruhiger auf dem Trail.

Rollverhalten & Effizienz

Die Kehrseite der Medaille: Das weiche Gummi in Kombination mit dem groben Profil sorgt für einen spürbaren Rollwiderstand – vor allem auf flachen Streckenabschnitten. Wer häufig auf harten Untergründen unterwegs ist, wird den höheren Energiebedarf deutlich merken. Das liegt aber nicht nur an der radialen Konstruktionsweise sondern auch am groben Stollenprofil des Shredda. Wer einen Radial-Reifen mit weniger Rollwiderstand sucht, sollte sich den Albert von Schwalbe anschauen!

Praxistest Schwalbe Shredda

 

Performance bei Nässe und Matsch

Nach kräftigem Regen haben wir den Schwalbe Shredda auf feuchten bis stellenweise schlammigen Trails getestet. Der Boden war weich und tief, teilweise griffig-nass, teilweise rutschig. Beste Voraussetzungen, um die Bodenhaftung und das Verhalten unter schwierigen Bedingungen realistisch einzuschätzen.

 

Grip & Kurvenverhalten

Besonders auffällig: Der starke Seitenhalt des Vorderrads. Selbst bei matschigem Untergrund und glatten Spurrillen blieb der Shredda präzise und kontrolliert in der Spur. Die Lenkimpulse wurden zuverlässig umgesetzt, auch in Kurven mit Schräglage – das gibt Sicherheit, wo andere Reifen wegrutschen. Aber vor allem beim Überrollverhalten auf rutschigen Wurzeln ist ein sehr hoher Grip festzustellen, was auch wieder auf die Radialkonstruktion und die größere Auflagefläche im Vergleich zu einem Diagonal-Reifen zurückzuführen ist.

 

Offenbleibendes Profil – kein Zusetzen

Trotz intensiver Matschpassagen war kein Zusetzen des Profils festzustellen. Der Shredda konnte den Matsch sehr gut abschütteln.

Zum Vergleich: Ein älterer Nobby Nic auf einem anderen Rad war unter denselben Bedingungen schnell zugesetzt und hatte dadurch deutlich weniger Grip und Seitenhalt am Vorderrad in Kurven.

 

Fazit zum Einsatz bei weichen Bedingungen

Die Kombination aus Radialkarkasse und Stollengeometrie funktioniert auch dort, wo andere Modelle an ihre Grenzen stoßen. Der Reifen verzahnt sich sicher, ohne sich mit Schlamm vollzupacken – das sorgt für konstant abrufbaren Grip auch bei wechselndem, schwierigem Untergrund.

 

Für wen ist der Schwalbe Shredda geeignet – und für wen nicht?

Die Shredda-Kombination ist ideal für leistungsstarke E-Enduros, die über genügend Akkukapazität und ein hohes Drehmoment verfügen.

Für leichtere E-Bikes oder klassische Bio-Bikes ist der Reifen hingegen nur eingeschränkt zu empfehlen. Das hohe Gewicht (über 1,4 kg pro Reifen) und der erhöhte Rollwiderstand reduzieren Reichweite und Effizienz spürbar.

Wer dagegen auf anspruchsvollen Trails maximale Kontrolle, Traktion und Komfort sucht, findet im Schwalbe Shredda einen echten Spezialisten.

 

Fazit: Radialkarkasse – technischer Gimmick oder spürbarer Vorteil?

Unser Test zeigt klar: Die Radialkarkasse bringt in technischem Terrain und bei hohen Anforderungen an Grip und Dämpfung einen spürbaren Mehrwert.

Vorteile:

  • Extrem präzises und kontrolliertes Kurvenverhalten durch hohen Grip
  • Hervorragender Grip und Dämpfung bei rauem Untergrund
  • Sattes Überrollverhalten bei Wurzelteppichen und grobem Terrain

 

Nachteile:

  • Hohes Gewicht (ca. 1,4 kg pro Reifen)
  • Spürbar höherer Rollwiderstand und damit erhöhter Akkuverbrauch

 

Unser Fazit


Für Fahrer:innen, die im anspruchsvollen Gelände unterwegs sind und keine Kompromisse bei Traktion und Grip eingehen wollen, ist die Radialkarkasse eine echte Empfehlung. Besonders auf leistungsstarken E-Enduros spielt der Schwalbe Shredda seine Stärken voll aus.

 

Du findest die Radialreifen Schwalbe Shredda und Schwalbe Albert sowie weitere MTB-Reifen von Schwalbe bei uns im Shop!

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